Die VfL-Mitglieder entscheiden sich für das „Team Zukunft“ – Villis kehrt an die Spitze zurück.
Bei der heutigen, außerordentlichen Mitgliederversammlung im Vonovia Ruhrstadion setzte sich das Kandidatenteam „Team Zukunft“ durch. Villis übernimmt damit erneut die Führung beim VfL. Und auch Ex-Keeper Andreas Luthe wird Verantwortung übernehmen.

Dem vorausgegangen war ein mit Spannung erwarteter Wahltag, der nicht nur von Applaus, sondern auch von Buhrufen, Emotionen und offenen Worten geprägt war.
Der VfL steht vor einem Neuanfang – und vor großen Aufgaben.
Zwei Lager, zwei Visionen

Der Tag begann mit der Präsentation des „Team Zukunft“. Hans-Peter Villis selbst eröffnete den Reigen. Er blickte auf seine bisherige Arbeit zurück, sprach vom starken Mitgliederzuwachs und von Stolz – und gestand gleichzeitig Fehler ein. Besonders der Umgang mit Ex-Trainer Thomas Letsch habe das frühere Präsidium tief gespalten.

An seiner Seite: Jurist Dr. Christian Stenneken, der Rechtssicherheit und wirtschaftliche Expertise ins Gremium bringen will. Er forderte eine Vereinsführung, die auf Haltung, Respekt und gemeinsame Entscheidungen setzt.

Bettina Stratmann schlug die Brücke zwischen Emotion und Vernunft. Sie erinnerte an Aufstiegsjubel, benannte aber auch, wie wenig nachvollziehbar das Handeln der Vereinsführung zuletzt für viele Fans gewesen sei.

Till Grönemeyer stellte konkrete wirtschaftliche Ansätze vor: Neue Partner, frische Sponsoren – ohne die Seele des VfL zu verraten. Tradition und Weiterentwicklung, das sei kein Widerspruch.

Mit besonderer Aufmerksamkeit wurde Ex-Profi Andreas Luthe empfangen. Der ehemalige Torwart wolle nicht nur mitreden, sondern mitgestalten. Für ihn zählen Vertrauen in die VfL-Jugend, moderne Strukturen und der enge Draht zur Basis.
Herausforderer mit Kritik – und Gegenentwurf

Das Team „Wir für den VfL“ präsentierte sich als Alternative mit klarer Kante. Uwe Tigges führte das Team an – mit dem Versprechen, nicht alles umwerfen zu wollen. Vielmehr wolle man aufbauen, was funktioniert. Kritik gab es am Verlust sportlicher Kontinuität seit dem Abschied von Sebastian Schindzielorz. Das jetzige sportliche Führungstrio hingegen genieße vollstes Vertrauen.

Mirja Dorny, einst selbst auf dem Rasen für den VfL aktiv, wollte mit neuen Impulsen in den Bereichen Nachhaltigkeit, Chancengleichheit und Frauenfußball überzeugen. Ihr Bekenntnis zur Förderung des VfL-Frauenfußballs stieß auf Zustimmung – ein Scherz über ihre BVB-begeisterten Töchter jedoch auf Buhrufe. Dorny konterte souverän mit ihrer eigenen VfL-DNA.

Martin Volpers warb für eine Führung auf Augenhöhe, lobte die Vertragsverlängerung von Geschäftsführer Kaenzig und die Verpflichtung von Dirk Dufner und Dieter Hecking – ein Zeichen für Stabilität.

Thomas Ernst, selbst ein Mann mit tiefem VfL-Hintergrund, kritisierte den Einfluss von Spielerberatern auf den Fußball und versprach: „Wir werden kämpfen – nur damit es jeder weiß.“

Einer der klarsten Auftritte des Tages kam von Prof. Dr. Karl-Heinz Bauer. Der ehemalige Direktor des Klinikums Westfalen gehört seit mehr als 30 Jahren zur VfL-Familie – als Mitglied, Vereinsarzt, Ratgeber, Mahner und zuletzt auch konstruktiver Kritiker. Bereits vor zwei Jahren war Bauer mit einem eigenen Team angetreten, um strukturelle Missstände anzuprangern. Damals blieben seine Warnungen weitgehend ungehört – heute, so machte er deutlich, seien viele seiner damals geäußerten Kritikpunkte bereits umgesetzt worden. Dazu gehörten unter anderem mehr wirtschaftliche Transparenz, die Trennung von zu großem Einfluss externer Berater sowie die Forderung nach einer ruhigeren, sachorientierten Vereinsführung.
Seine Rede war schnörkellos: Er wolle kein Zukunftsteam, das von außen gelenkt werde, sondern eine Führungsriege mit Herz und Verstand für den Verein. Bauer sieht sich nicht als Reformer um jeden Preis – aber als jemand, der dem VfL eine klare Linie zurückgeben möchte. Die Reaktionen auf seinen Auftritt waren gemischt: Applaus von vielen, einige Buhrufe von anderen. Klar wurde: Bauer war klar und direkt ohne Missverständnisse – und er steht für Prinzipien, und das seit Jahrzehnten. Immer im Blick. Das Wohl des VfL Bochum.

Ein besonderes Augenmerk galt bei der Mitgliederversammlung auch der Wahl des Fanvertreters im Präsidium. Mit Fabian Budde wurde ein langjähriger und engagierter VfL-Anhänger in das Gremium gewählt, der als Bindeglied zwischen den Fans und der Vereinsführung fungieren soll. Budde betonte in seiner Vorstellung die Bedeutung der Mitglieder und Fans als Rückgrat des Vereins und versprach, deren Stimmen konsequent in die Entscheidungen einzubringen. Seine Wahl wurde von den Mitgliedern mit großem Applaus aufgenommen und signalisiert, dass der VfL künftig noch stärker auf die Nähe zur Basis setzt.
Das Ergebnis:

Die Mitglieder entschieden mit klarer Mehrheit: „Team Zukunft“ setzte sich mit 1.234 Stimmen durch, während „Wir für den VfL“ 671 Stimmen erhielt.
Das neue Präsidium setzt sich wie folgt zusammen:
- Hans-Peter Villis
- Andreas Luthe
- Dr. Christian Stenneken
- Bettina Stratmann
- Till Grönemeyer
- Fabian Budde (Fanvertreter)
- Volker Goldmann (Wirtschaftsrat, künftig mit Stimmrecht)
- Jupp Tenhagen (kooptiert, ohne Stimmrecht)
Was jetzt kommen soll
Das neue Führungsteam kündigte an, die Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung neu auszurichten. Die sogenannte „Roadmap 2029“ soll überarbeitet und mit konkreten Inhalten gefüllt werden. Auch der geplante Stadionumbau, insbesondere die Umgestaltung der Osttribüne, steht oben auf der Agenda.
Im sportlichen Bereich steht der VfL nach dem Bundesliga-Abstieg vor einer weiteren Bewährungsprobe. Der neue Kurs: wirtschaftliche Stabilität, sportliche Rückkehr, stärkere Einbindung der Mitglieder – und ein Verein, der wieder zu sich selbst finden will.
Fazit:
Die Mitglieder haben gewählt – mit alten Gesichtern und neuen Versprechen. Ob das „Team Zukunft“ diesen Namen auch sportlich und strukturell mit Leben füllen kann, wird sich zeigen. Der Ball rollt wieder – auf dem Platz und in der Führungsetage.
Fotos: Sebastian Sendlak